Wo Kundenbindung anfängt: Nachkauf-Kommunikation

Von Mirja Stöcker
"Vielen Dank für Ihren Einkauf. Wir freuen uns, denn gerade durften wir Ihr Konto um einen nennenswerten Betrag erleichtern! Was Sie nun mit unserem Produkt machen, ist uns ganz egal." Auch wenn es so nicht in der Bestellbestätigung, auf dem Kaufvertrag oder dem Rechnungsbeleg steht - nach dem Kauf hat mancher Kunde ein mulmiges Gefühl. 

Verstohlen beäugt er gerade jetzt andere Angebote und blickt kritisch auf die eigene Ausbeute. Vielleicht kommt ein potenzieller Makel ans Licht? Oder auch nur der übersehene Vorteil des abgelehnten Alternativproduktes? Unbehagen macht sich breit.

Warum Sie das kümmern sollte? Wo Sie doch den Kunden längst im Sack haben ... Viele Verkäufer, Marketer und Werbetexter denken schließlich nur bis zu diesem Punkt. Doch die Wahrheit ist: Die Arbeit fängt jetzt erst richtig an. Jedenfalls für die, die langfristige und damit rentable Kundenbeziehungen wollen. Und für die, die sich fragen, wo Kundenbindung eigentlich beginnt.

Warum Kunden Nachkaufdissonanz empfinden

Warum ist der Kunde nicht einfach glücklich? Ist nun nicht "ein Bedürfnis" befriedigt, wie es die Marketingleute nennen? Schließlich hat er Ihr Produkt erstanden, Ihre Dienstleistung in Anspruch genommen. Alles ist gut, denken Sie vielleicht, denn es ist ein gutes Produkt und ein anspruchsvoller Service. Jein. Es ist komplizierter mit der Käuferpsyche. Denn jede Entscheidung für ein Produkt ist in den meisten Fällen zugleich eine Entscheidung gegen mindestens ein anderes. Die Frage, ob man aufgrund der Entscheidung nicht auch etwas verpasst hat, ob man wirklich richtig entschieden hat, nagt am Kunden. Und je größer der Rechnungsbetrag, desto größer ist das empfundene Unbehagen und das Bedürfnis, dieses Unbehagen aus der Welt zu schaffen. Verrückterweise steigt also genau deshalb die Aufmerksamkeit für Werbung, Content und Angebote zu genau jenem Produkt unmittelbar nach dem Kauf wieder an - obwohl man doch nun einige Zeit nichts Vergleichbares mehr kaufen will. Der Wunsch: Bestätigung. Oder im Fachjargon: Dissonanzreduktion.

Dissonanz zu empfinden ist für die menschliche Psyche äußerst unangenehm. Das eine tun, das andere (vielleicht) wollen - das ist schwer auszuhalten. So der Kern der Theorie der kognitiven Dissonanz aus der Psychologie. Der Wunsch des Menschen lautet daher: die empfundene Dissonanz zu reduzieren. Wie kann das gehen? Indem man nach Informationen und Belegen sucht, die bestätigen, dass man das richtige Produkt gekauft hat.

Wieso gute Kommunikation Nachkaufdissonanz reduziert

Dem Kunden bei der Dissonanzreduktion zu helfen, ist im Erfolgsfall zugleich der Übergang vom Erstkauf zu einer langfristigen und für beide Seiten erfreulichen Beziehung. Doch gerade kurz nach dem Kauf vergessen viele Unternehmen ihre Kunden. Dabei ist Marketingkommunikation in dieser kritischen Phase besonders wichtig. Und vor allem dort, wo hohe Kundenverluste zu verzeichnen sind, lohnt nicht nur der Blick auf die Produkt- und Dienstleistungsqualität selbst, sondern auch auf die Nachkauf-Kommunikation. Gibt es überhaupt bereits einen geeigneten Kanal zur Reduzierung der Nachkaufdissonanz? Und wie könnte die aussehen?

Wie meistens im Marketing ist es auch hier mit Kochrezepten und Formeln schwierig. Ihre Angebote und Lösungen sind ja so unterschiedlich wie die Menschen, für die sie gemacht sind. Um Ideen zu generieren, skizziere ich beispielhaft drei mögliche Lösungsansätze:

Content für Kunden

Was könnte Ihre Kunden unmittelbar nach dem Kauf interessieren? Liefern Sie Tipps und Tricks frei Haus, erzählen Sie Ihre Success-Stories nicht nur denen, die Sie noch für sich gewinnen möchten, sondern auch jenen, die Sie bereits gewonnen haben. Kennen Sie Ihre zufriedenen Kunden? Dann zeigen Sie den anderen, dass sie sich in guter Gesellschaft befinden!

Interesse am Kunden(-Problem)

Es wird ja viel davon geredet, dass Produkte und Dienstleistungen die Probleme des Kunden lösen sollen. Das ist gut. Noch besser ist es, auch nach dem Kauf Problemlöser zu bleiben. Es kommt ja weniger darauf an, keine Fehler zu machen, als vielmehr darauf, auf Fehler angemessen zu reagieren. So gesehen ist es nur scheinbar paradox, dass gerade da, wo Fehler oder Defekte passieren, besonders gute Kundenbeziehungen entstehen können - dann nämlich, wenn schnell und erfolgreich eine Fehlerbehebung herbeigeführt werden kann. Davon abgesehen spielt es im digitalen Zeitalter sehr wohl eine Rolle, was Ihr Kunde mit Ihrem Produkt macht. Interessieren Sie sich dafür! In Wahrheit ist es nämlich diese "Co-Creation", die Ihr Produkt erst zu dem macht, was es ist.

Was kann ich für meinen Kunden tun?

Viele Unternehmen denken immer noch andersherum: Was sollen meine Kunden für mich tun? Was sollen sie als nächstes nachfragen, wo sollen sie mich liken, teilen, empfehlen? Dabei kommt man vielfach weiter, wenn man sich zuallererst fragt, was man selbst für seine Kunden tun kann. Wie können Sie sich als Unternehmen nach dem Kauf für Ihre Kunden engagieren? Was können Sie ihnen bieten? Mit welchem Tüpfelchen auf dem i können sie ihnen nach dem Kauf Freude bereiten und ihnen nützlich sein?

Fazit: Bedürfnisse nicht nur wecken, sondern auch stillen

Das Phänomen der Nachkaufdissonanz zeigt, dass gute Konzepter und Werbetexter nicht in erster Linie Sehnsüchte wecken, sondern sie am entscheidenden Punkt auch stillen können sollten. Für die erfolgreiche Kundenbindung braucht es Kommunikation mit einem tieferen Verständnis von Psychologie und Marketing. Dann müssen Sie zur rechten Zeit eigentlich nur noch das sagen, was Sie sowieso zu sagen haben. Und genau dabei können gute Marketingtexter Ihnen behilflich sein.

PS: Nicht unterschlagen will ich, dass Nachkaufdissonanz Ihnen aber natürlich auch hervorragende Angriffsmöglichkeiten bietet, wenn Ihre Mitbewerber Ihren Kunden nicht ausreichend bei der Dissonanzreduktion behilflich sind. Tja, manchmal kommt das beste Angebot eben doch nach dem Kauf. Und nach dem Kauf ist bekanntlich vor dem Kauf!

27.01.2018

Kategorie: MarketingMarketingkommunikation

Tags: Kundenbindung